Die Stimmung in der Autoindustrie ist bescheiden – das gilt auch in den USA. Wer genau hinschaut, spürt das mittlerweile auch auf der Monterey Car Week, dem Höhepunkt des automobilen Jahres. Die mehr als 100.000 Fans sind rund um die Uhr begeistert und welche Hersteller etwas auf sich hält, trommelt hier, so laut es geht. Da kann keine Automesse mithalten.
So eine Veranstaltung wie an der amerikanischen Pazifikküste wünscht sich die Autowelt auch in Europa, denn nirgends ist die Stimmung besser, die Szene bunter und die Lust am Automobil größer. Jedes Jahr zieht die Monterey Car Week in der dritten Augustwoche mehr als hunderttausend Fans aus der ganzen Welt an die amerikanische Westküste und lässt die ansonsten höchst beschauliche Region rund um die Luxusenklave von Pebble Beach aus allen Nähten platzen. Eine knappe Woche lang donnern Autoliebhaber mit ihren getunte Supersportwagen von Lamborghini, Porsche, Ferrari, Koenigsegg, Bugatti, Aston Martin, McLaren oder Corvette über 17-Mile-Drive, Cannery Row oder den Cabrillo Highway, um sich nebst dem eigenen Traummobil in Szene höchst artgerecht zu setzen.
So kommen alle auf ihre Kosten, denn die Oldtimerfans feiern sich auf der Car Week bei den zahllosen Events ebenso wie Mitglieder zahllosen Supercar-Clubs. Nirgendwo auf der Welt können Carspotter mehr individualisierte Einzelstücke, Hypercars und exklusivste Klassiker bestaunen. Rimac Nevera, Lamborghini Revuelto, Ferrari 250 GTO, Porsche Carrera GT, Mercedes SL Flügeltürer oder Bentley Blower – all diese millionenschweren Traummobile gehören hier ein paar Tage zum normalen Straßenbild. Entsprechend viele Autoliebhaber tummeln sich entlang der überfüllten Zufahrtsstraßen und speziell vor den einschlägigen Hotels, um die oft millionenteuren Fahrzeuge zu bestaunen. Fans deutscher Automobilkunst treffen sich bei Legends of Autobahn, Italo-Anhänger besuchen zwei Tage den Concorso Italiano und wer mit einer echten Schrottkiste unterwegs ist, macht mit seiner Rostbeule einen Abstecher zur Traditionsveranstaltung Concours de Lemons in Seaside, schaut bei Exotics on Broadway vorbei oder fährt zu einem der zahllosen Fantreffen im Valley. Peter ist mit seinem Mercedes 380 SEL von 1981 aus Austin nach Pacific Grove gekommen – wie jedes Jahr: „Diese Stimmung hier ist einzigartig. So viele verschiedene Events gibt es nirgends anders“, strahlt er 34jährige Texaner, der aus Kostengründen 20 Meilen weiter im Landesinneren in einem Motel wohnt. Für stattliche 200 Dollar die Nacht. Die schicken Hotels verlangen pro Nacht oftmals 1.000 Dollar oder mehr.
Die Stimmung ist ausgelassen und es ist voller als in den Jahren zuvor, denn lange vor dem eigentlichen Wochenende quellen die Straßen im Dreieck zwischen Big Sur, Monterey und der spektakulären Rennstrecke von Laguna Seca ein paar Meilen im Landesinneren aus allen Nähten. Fleißige Helfer, lokale Ordnungsbehörden und ein fein abgestimmter Kalender können nicht verhindern, dass hier tagsüber oftmals nichts mehr geht. Besonders beliebt sind sogenannten Pinnacle Events von The Quail oder das Historien-Hochamt des Concours d’Elegance auf der 18. Bahn es Golfplatzes von Pebble Beach am Abschlusstag, wo Klassiker neben neuen Modellen in Szene gesetzt werden. Doch die steigende Zahl der Besucher, strahlende Gesichter beim Autonachwuchs und den alten Hasen sind nur die eine Seite der Medaille, denn die europäischen Premiummarken und speziell die deutschen Hersteller, sucht man bei der Monterey Car Week und speziell den Luxusevents von Pebble Beach zumeist vergeblich. Ganz anders Lamborghini, die in The Quail mit dem Fenomeno ein über drei Millionen Euro teures Kleinserienmodell enthüllen. „Die Monterey Car Week und der Event von The Quail ist für uns der perfekte Platz, um unsere Neuheiten zu präsentieren“, erläutert Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann, „hier passen Umfeld, Wetter, Markt und Klientel wie nirgends anders auf der Welt.“
Die Zurückhaltung vieler Marken aus Deutschland, England oder Südkorea nutzen nicht allein Kleinserienhersteller wie Czinger, Singer, Pagani, Bovensiepen, Ruf oder Meiers Manx, sondern auch Lexus, Honda, Bentley oder Cadillac, um sich in Szene zu setzen und aalen sich im warmen Sonnenlicht zwischen Putting Greens und Versteigerungsarealen. RM Sotheby’s, Mecum oder Goodings haben ebenfalls mit einem sich stark verändernden Markt zu kämpfen. Viele historische Modelle, speziell aus der Vorkriegszeit oder den 1950er / 60er Jahren, tun sich beim jünger werdenden Publikum oft schwer. Stattdessen werden junge Klassiker wie Lancia Delta, Porsche 959 oder limitierte Ferrari-Modelle zu Rekordpreisen zugeschlagen. Und wer bei den Versteigerungen überboten wird, schaut beim Kultautohändler Dodi an der Del Monte Avenue in Monterey vorbei und lässt sich den historischen Porsche ein paar Tage später nach Hause liefern oder wird auf den zahllosen Parkplätzen fündig, wo viele ihr Fahrzeug per Fensterinserat anbieten.
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